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holpriger Start - 1. Artikel in NZ

Holpriger Start:

Mein Start in Neuseeland lief nicht ganz so reibungslos ab, wie geplant. Nach 33 Stunden kam ich am Auckland Airport an und nahm den nächsten Shuttlebus Richtung Auckland CBD.

Dort angekommen wollte ich um 8 Uhr morgens gerade ins Hostel einchecken, als mir mitgeteilt wurde, dass dies erst um 14 Uhr möglich wäre. Denkt man etwas naiv und euphorisch daran, sechs Stunden in der größten Stadt Neuseelands zu verbringen, dann hört sich dies relativ schön und spannend an. Es hört sich nach einer super Möglichkeit an, die Stadt erstmal zu erkunden.

In Wirklichkeit ist man jedoch unglaublich müde und genervt vom Flug und muss dann noch sechs Stunden totschlagen. In einer Stadt, in welcher man zuerst komplett orientierungslos ist und sich gar nicht zurecht findet.

Ich ging also durch den Auckland CBD District, welcher wirklich auf den ersten Blick unspektakulärer ist, als man sich es vorstellt und nicht so viele schöne Orte zu bieten hat. Ich setzte mich mit einer flüchtigen Bekanntschaft, welche ich während des Fluges kennen gelernt hatte, in einen Park. Diese sechs  Stunden Wartezeit kamen mir ewig vor und gaben mir Zeit über alles nachzudenken:

Über Zuhause … good old Germany… meine Familie, meine Brüder, meine Freunde, meine Mannschaft, meine unglaublichen letzten Wochen in Deutschland.

Auch, wenn das alles unwahrscheinlich schöne Erinnerungen und Gedankengänge sind, ziehen sie einen irgendwie runter. Gerade die Gewissheit, so ein Leben für die nächsten paar Monate aufzugeben, lag mir schwer im Magen. Ich glaube Außenstehende, die nie für mehrere Monate von Zuhause weg waren und plötzlich in ein komplett neues, unbekanntes Umfeld eintauchen, können so etwas nicht wirklich nachvollziehen. Hätte man mich vor zwei Wochen mit solchen Gedankengängen konfrontiert, ich hätte eben dies auch nicht verstanden.

Diese Gedanken bestimmten meine ersten Tage. Wie in der Überschrift erwähnt, waren es holprige erste Tage. Man muss sich erstmal an die Zeitumstellung gewöhnen, gegen den Jetlag kämpfen, die vielen neuen Eindrücke verarbeiten und alles rund um Bank und IRD- Nummer klären. Kurz gesagt: richtig ankommen und eingewöhnen ist nicht so leicht und stellt einen die ersten Tage vor eine physische und psychische Herausforderung.

Bei diesem Prozess ist Auckland meiner Meinung nach als Startpunkt nicht gut geeignet.

Ich erkläre euch kurz warum:

Wenn man den Schritt wagt, für mehrere Monate sein gut behütetes Zuhause zu verlassen und kommt in einer recht unspektakulären Großstadt an, welche sich durch nichts wirklich auszeichnet, außer durch die extrem hohen Preise für Unterkunft, Essen, etc., unterstützt dies die melancholischen Gedanken an die Heimat und erschwert den Eingewöhnungsprozess.

Die Frage: „Warum mache ich das überhaupt?!“ wird eben durch diesen recht unspektakulären Ort noch verstärkt. Zudem ist es irgendwie auch ein Schock dort anzukommen. Denkt man an Neuseeland, dann an die unglaublich schöne Natur und die wundervollen Strände, Wasserfälle, etc.

Die gibt es jedoch nicht in Auckland. Dies führt dazu, dass man voller Erwartungen den Shuttlebus vom Airport nimmt und relativ stark enttäuscht wird. Das hört sich vielleicht etwas blöd und naiv an, man ist aber irgendwo herbe enttäuscht und hinterfragt seine Entscheidung, diese Reise angetreten zu sein (jedenfalls ging es mir so). Man glaubt auch irgendwo, ganz Neuseeland sehe so aus wie Auckland, was zum Glück absoluter Quatsch ist.

Versteht mich nicht falsch, Auckland hat sicherlich schöne Ecken und ich bin mir sicher:  kommt man später wieder dorthin, sieht man die Stadt mit ganz anderen Augen. Jedoch ist es am Ende des Tages eine 08/15- Großstadt und man kommt nicht nach Neuseeland, um sich die Großstädte (von denen es auch nur ein bis zwei gibt) anzugucken, sondern möchte die Natur genießen…

Für mich war es während der Anfangszeit essentiell, mir wichtige und schöne Wegpunkte vor Augen zu halten, wie z.B. das Drake- Konzert am 03.11.2017 und der Besuch von Jonas am 04.11.2017.

Ich konnte mich ehrlich gesagt nicht wirklich über das Drake- Konzert freuen, da drei Stunden vor dem Konzert immer noch auf einer zweiten Karte saß, die ich einfach nicht loswurde.

Für mich völlig unverständlich. Kein Mensch in Auckland schien Interesse an einer Karte für das Konzert von Drake zu haben …

Wäre die Karte verfallen und hätte ich alleine gehen müssen, meine Laune wäre echt schlecht gewesen. Doch kurz vor knapp lernte ich Céline kennen, die dann mitkam und mir wirklich den Tag gerettet hat. Ab diesem Tag, fing alles an besser zu laufen. Das Konzert war unbeschreiblich… Freunde, falls ihr irgendwann einmal die Möglichkeit habt auf ein Drake- Konzert zu gehen, dann tut es einfach. Es lohnt sich wirklich!
Am nächsten Tag kam dann Jonas. Ein weiter Lichtblick. Die zwei Tage waren unglaublich lustig und man hatte irgendwie ein heimisches Gefühl. Es ist allgemein verrückt, wenn man darüber nachdenkt: Wir sind in Deutschland fast Nachbarn und richtig gute Freunde und treffen uns auf der anderen Seite der Welt wieder.

Wo wir gerade beim Wort „verrückt“ sind:

Zwei Dinge sind hier, in Neuseeland, total verrückt:


Erstens, dass sich unglaublich viele Sachen wirklich total spontan in letzter Sekunde ergeben.

Zweitens, dass man unglaublich viele Menschen kennenlernt, sich an sie gewöhnt und man plötzlich getrennte Wege geht.

Ein Beispiel dafür:
Als Jonas und ich am Sonntag (05.11.2017) die Fähre von Waiheke Island (die schönste Insel, die ich in meinem Leben jemals gesehen habe) zurück nach Auckland nahmen, wurde mir auf einmal klar, dass ich ab Montag wieder komplett auf mich allein gestellt sein würde. Jonas musste am besagten Montag wieder zurück nach Wellington und Céline würde nach Muriwai fahren und dort für eine Woche bei einer Familie „WWOOFen“. Plötzlich würde man also wieder getrennte Wege gehen und das zieht einen runter, da ich mich mit den beiden wirklich sehr gut verstehe. Céline fragte jedoch die WWOOFing Familie am Sonntagmittag ob ich nicht mitkommen könne und diese sagten total spontan zu. Das war ein unglaublich schönes Gefühl und beschreibt diese beiden verrückten Punkte, glaube ich, perfekt. Innerhalb von ein paar Stunden wurde aus dem Nichts, aus einer Woche alleine in Auckland, eine Woche mit Céline in Muriwai.

Ich war so glücklich darüber, weil ich ansonsten eine weitere Woche in Auckland festgehangen hätte, ohne wirkliches Ziel vor Augen und ohne, dass ich mich um etwas hätte kümmern können. Siyar kam erst eine Woche später an und ich musste auf ihn warten, um relevante Dinge wie Arbeit, Autokauf, etc. in Angriff zu nehmen. Es wäre also eine Übergangszeit gewesen, in der man nichts Vernünftiges hätte machen können. So eine Übergangszeit ist hier aber tödlich!

Man braucht in den ersten Tagen in Neuseeland wirklich ein paar Aufgaben und etwas Ablenkung. Die hätte ich in Auckland nicht gehabt…

In Muriwai hingegen hatte ich eine unglaublich schöne Woche. Ich arbeitete vier Stunden im Garten der Familie und bekam dafür Unterkunft und Verpflegung gestellt.

Durch die kurze Arbeitszeit hatte ich zudem genug Zeit um das Rahmenprogramm für die nächsten Tage/Wochen auf die Beine zu stellen und ein bisschen am Strand zu relaxen und die Gegend zu erkunden. Das Rahmenprogramm war essentiell, damit Siyar und ich in den nächsten Wochen etwas zu tun haben und eben nicht diese eklige Langeweile, gepaart mit Orientierungslosigkeit, auftritt.

Der Bankangestellte, der mir bei der Kontoeröffnung geholfen hat, gab mir einen Tipp mit auf dem Weg: „Geh so schnell wie möglich raus aus Auckland! Dude, Auckland ist fucking expensive! Kauft euch in Hamilton ein Auto. Da ist es günstiger.“

Gesagt, getan. Nachdem Siyar angekommen war und sich um die formellen Sachen wie Bank -Account eröffnen, usw. gekümmert hatte, ging es direkt nach Hamilton. Das begrüßte Siyar auch, da er meine anfänglichen Gefühle zu Auckland teilte. Es tat echt gut jemanden zu haben, der ähnlich über die Anfangszeit denkt und wir waren beide heil froh, als wir dort rauskamen. Trotzdem machten wir das Beste aus dem Aufenthalt in Auckland. Wir trafen TJ,- einen ehemaligen Mitschüler, der ebenfalls work and travel durch Neuseeland macht -und verbrachten einen weiteren unglaublich schönen Tag auf Waiheke. Wie schon gesagt, bietet Auckland CBD nicht wirklich viel. Nimmt man die Fähre und cruist 20 min aus Auckland raus, sieht man eben auf dieser Insel warum man eigentlich hier ist. Waiheke ist einfach nur wunderschön und bietet unglaubliche Wander-tracks.

In Hamilton angekommen (genauer gesagt im Backpacker Central Hostel), wollten wir uns relativ schnell ein Auto zuzulegen. Dies gestaltete sich aber etwas schwierig, da wir logischerweise noch zu Fuß unterwegs waren und gefühlt 20 km zu verschiedenen Autohändlern laufen mussten. In den ersten zwei Wochen ohne Auto unterwegs zu sein wappnet einen gefühlt für jeden Ironman-Lauf der Welt. Mit etwas Musik (dank Siyars Musikgeschmack kenne ich nun das gesamte „Rin“ Album auswendig) und einem lustigen, lockenköpfigen Kollegen an der Seite, gehen aber auch 20 km schnell um und wir fanden unser Auto bei einem indischen Autohändler. Wir tauften das Auto „Tenten“ und starteten unsere Jungfernfahrt Richtung Raglan (40 km entfernt von Hamilton). Tenten ist ein stabiler Toyota Wish (2005er Baujahr mit 200 000km gelaufen). Raglan ist eine kleine Surfer- Stadt, die absolut sehenswert ist. Wir blieben einige Zeit dort und genossen den Sonnenuntergang. Danach machten wir uns auf den Weg zurück nach Hamilton. Da wir jedoch noch nicht herausgefunden hatten, wie man die Autoscheinwerfer einschaltet (hört sich sehr doof an, ist aber bei diesem Modell irgendwie komplexer als man denkt) und es schon Nacht war, entpuppte sich die Rückfahrt als etwas schwierig. Ohne Licht und Straßenlaternen auf dem Highway zu fahren ist dann doch eine anspruchsvollere Aufgabe und wir lachten uns über die Situation kaputt, obwohl diese absolut ernst zunehmen war. Es kam nämlich noch dazu, dass wir überhaupt kein Benzin mehr im Tank hatten und uns gefühlt mit dem letzten Milliliter im Tank an eine Tankstelle gerettet haben.

Die erste Fahrt hätte also nicht besser laufen können!

In Hamilton fanden wir zudem noch eine weitere WWOOFing Familie, die  uns aufnahm. WWOOFing (worldwide work on organic farms) ist eine super Möglichkeit seine Nebenkosten auf null zu senken, da man im Austausch gegen vier Stunden Arbeit komplett mit Essen versorgt wird und eine Unterkunft gestellt bekommt.

Wir WWOOFen eine Woche und starten dann ab dem 24.11.2017 einen fruitpicking Job, um die weiteren Monate hier zu finanzieren.

Es gibt nichts Schöneres als die Gewissheit zu haben, dass man die nächsten Wochen etwas zu tun hat und sich die weitere Reise finanzieren kann.

Es ist zudem auch unglaublich, wie gut alles funktioniert und wie nach einer gewissen Zeit scheinbar alles von alleine läuft.

 

Nach der holprigen Anfangszeit, weiß ich nun wieder genau, weshalb ich diese Reise mache. Man erlebt so unglaublich viele, verschieden und schöne Dinge, dass ich fast gar nicht dazu komme, diesen Blog weiter zu führen. Ich bemühe mich jedoch, nun regelmäßiger etwas zu schreiben und hochzuladen. Hier in Neuseeland wird es von Tag zu Tag schöner und ich weiß von Tag zu Tag immer mehr, dass der Schritt hier hin goldrichtig war.

Heute, am 18.11.2017, arbeiten wir bereits den zweiten Tag bei der WWOOFing Familie in Hamilton.

Genauer gesagt kümmern wir uns um den Sculpture Park von John und Dorothy. Diesen Ort hier kann man nicht beschreiben. Es ist einfach absolut einzigartig hier. Es ist ein riesen Park mit hunderten verschiedenen Skulpturen und Bereichen. Neben dem asiatischen Bereich, der komplett mit Pflanzen und Bäumen aus Asien bepflanzt worden ist, befindet sich auf einmal ein Wüstenbereich, bepflanzt mit hunderten Kakteen.  Absolut verrückt.

Ich werde versuchen, ein paar Bilder hochzuladen, aber ich denke es ist wie mit so vielen Dingen hier:

man kann sie erst richtig verstehen und den Vibe fühlen, wenn man es selber gesehen oder selbst erlebt hat.

 

So, damit habe ich die 2 ½ Wochen mal Revue passieren lassen und euch auf den neusten Stand gebracht.

Ich hoffe ihr habt einen schönen Tag Freunde, see you soon;

 

Florian.

 

(Link zu den Fotos der ersten 2 1/2 Wochen: Auckland; Waiheke; Raglan)

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Kommentare: 2
  • #1

    Daniel Schuster (Sonntag, 19 November 2017 12:21)

    Hi, ich wünsche dir weiterhin viel Spaß und hält uns auf dem Laufenden !

  • #2

    Klaus Winkel (Sonntag, 19 November 2017 13:58)

    Hallo Florian. Du hast wirklich einen sehr interessanten Artikel abgeliefert. Ich hoffe, dass in Zukunft weitere schöne Artikel folgen und du eine tolle Reise haben wirst mit deinem Freund mit den Locken. Pass auf dich auf!

    MfG

    KW